Es ist wahrhaftig kein Alleinstellungsmerkmal des DFK, intensive Überlegungen zur Zukunftsfähigkeit des Verbandes anzustellen und daraus ableitend konkrete Maßnahmen zu treffen. Wie bei vielen anderen Organisationen üblich, ist es sinnvoll und notwendig, Mitstreiter auch außerhalb der bestehenden Gremien zu finden und dadurch neue Denkweisen und Impulse für das Verbandsgeschehen zu ermöglichen. Das geht jedoch nur mit einem vertrauensvollen Miteinander – keinesfalls durch ein Gegeneinander. Es ist deshalb mehr als bedauerlich, dass ein Teil des Verbandsrates das vom Präsidium eingesetzte Zukunftsteam offenbar vehement ablehnt. Die anstehenden Zukunftsaufgaben lassen sich im Interesse der Mitgliedsgemeinschaften fraglos nur gemeinsam bewältigen. Jene Mitglieder des Verbandsrates mit der ablehnenden Haltung sollten sich deshalb mit ihrem Selbstverständnis nicht ausschließlich als Kontrollorgan des Präsidiums verstehen, sondern vielmehr als Mitgestalter zur Realisierung der Vorschläge und angeregten Maßnahmen des Zukunftsteams im Sinne eines regionalen Dienstleisters für ihre Vereine.
Ohne die aktuelle Problematik an dieser Stelle zu vertiefen, soll im Rückblick an einige markante Stationen der Verbandsgeschichte erinnert werden, die sich damals mit der Zukunft der FKK-Bewegung befassten. Im Schrifttum sind beispielsweise die kontroversen Auffassungen zwischen dem Verbandsvorsitzenden Erhard Wächtler und dem Berliner Vordenker Adolf Koch über den Weg und die Aufgabenstellung des DFK in dessen Anfangszeit anschaulich nachzulesen. Einig waren sich die Kontrahenten allerdings bei allen Gegensätzen darin, die organisierte FKK-Bewegung vom Rande in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Damals wie heute galt der Grundsatz, das Profil des DFK zu schärfen!
Sind wir Naturisten oder Nudisten?
Große Aufregung verursachte 1956 ein von dem bekannten Schweizer Lebensreformer Werner Zimmermann unter obiger Überschrift im Verbandsorgan veröffentlichter Beitrag. In der Konsequenz forderte Zimmermann, der DFK müsste ein reiner Verband der Naturisten in seinem Verständnis sein; die nur Nacktbader sollten sich hingegen außerhalb des DFK eigenständig organisieren. Eine Flut von Leserbriefen, darunter zahlreiche von Vereinsvorsitzenden, widersprachen den elitären Vorstellungen des Schweizers unisono und betonten, dies könne niemals die verbandliche Zukunftsgestaltung sein. Verbandsvorsitzender Erhard Wächtler beruhigte durch einen exzellenten Leitartikel, in dem er allen sektenhaften Überlegungen eine klare Abfuhr erteilte, schließlich die aufgebrachten Gemüter!
Ziel und Weg
Das war der Titel einer vom DFK 1964 in mehreren Auflagen herausgegeben Broschüre. Darin vermittelte der DFK in gelungener Form sein verbandliches Selbstverständnis. In einem ausführlichen Text, überschrieben mit „Neue Wege der Freikörperkultur“, befasste sich der damalige Verbandsvorsitzende Dr. Lothar Wilhelm eingehend mit der Zukunft des DFK. Ein Ziel, wenn vielleicht auch ein utopisches, müsse sein, den DFK zu einer Art ADAC für alle Anhänger des FKK-Gedankens werden zu lassen. Diese Broschüre wirkte nicht nur nach innen, sondern maßgeblich nach außen, da sie an eine Vielzahl von Behörden und vor allen Dingen an Sportorganisationen wie Landessportbünde, Fachverbände u. a. versandt worden war.
Gemischte Gelände für Nackte und Bekleidete?
In einem brillant geschriebenen Beitrag im Verbandsorgan forderte Anfang 1972 der Journalist Wolfgang Risse aus Hannover, der auch im dortigen BffL und später auf Bundesebene tätig war, die Vereine müssten ihre Gelände auch für Bekleidete öffnen und dadurch im Sinne der Mitgliedergewinnung für Außenstehende attraktiver werden. Er meinte, die Zeit des Nischen-Daseins sei vorüber, das gemeinsame Nebeneinander würde doch problemlos an vielen Urlaubsstränden und Seen praktiziert. Diese Anregung löste die erwartete kontroverse Diskussion im Verbandsorgan und vermutlich auch innerhalb der Mitgliedsgemeinschaften aus. In den Leserbriefen wurde überwiegend gegen diesen Vorschlag votiert. Auch das Präsidium ließ nach außen nicht erkennen, in diesem Sinne eine Empfehlung an die Vereine auszusprechen. Im weiteren Verlauf wurde dann dieses Ansinnen nicht mehr thematisiert.
Buch „Freikörperkultur in Deutschland“
1999 veröffentlichte der DFK unter der Herausgeberschaft von Vizepräsident Wolfang Weinreich das über 300 Seiten starke Buch „Freikörperkultur in Deutschland“. Es war auf der einen Seite eine Darstellung des verbandlichen Selbstverständnisses mit den Bereichen Historie, Sport, Jugend, Senioren sowie Naturismus und Umwelt, auf der anderen Seite beleuchtete der Herausgeber die Zukunftsperspektiven des Verbandes unter Einschluss der FKK-Bewegung insgesamt. Es gab seinerzeit noch kein Zukunftsteam; an diesem Buch arbeiteten jedoch maßgeblich Autoren mit, die keinem verbandlichen Organ angehörten. Das Präsidium hatte damals bereits erkannt, dass es bei der Beschäftigung mit Zukunftsthemen unerlässlich ist, nicht „im eigenen Saft zu schmoren“, sondern über den Tellerrand der eigenen Gremien zu blicken und sich so den Sachverstand und die Erfahrungen anderer nutzbar zu machen.
Gernot Horn