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Die Geschichte der FreiKörperKultur

Seit wann gibt es die organisierte Freikörperkultur in Deutschland? Wer waren die "Gründer" dieser
Kulturbewegung? Wo begann die Freikörperkultur? In Ost oder West, im Norden oder Süden?
Der DFK möchte mit einer Kurzfassung aus bestehender Literatur allen Interessenten eine Hilfe bei der Suche nach Geschichtsdaten unserer FKK-Bewegung geben.
Dieser Text soll helfen im Gespräch mit Freunden, Fremden und den Medien zum Thema:
Lesenswertes und Wissenswertes über FKK in Deutschland.

Die Geschichte der organisierten Freikörperkultur in Deutschland,

überarbeitet von Kurt Fischer DFK-Präsident.

- Eine Zusammenfassung bekannter und publizierter Texte -

Nacktheit bei Sport und Spiel und Baden hatte es schon zu fast allen Zeiten gegeben. Wir denken an die griechischen Athleten, oder an die Badehäuser des frühen Mittelalters und an Goethes Freude am unbekleideten Baden.

Dem entgegen wirkte die Pädagogik Rousseaus mit der Tabuisierung der Geschlechtlichkeit des Menschen. Die Abwertung der Geschlechtsteile und der sie umgebenden Hautgebiete durch Nicht-Nennung hat bis heute fortgewirkt. Wir tun uns immer noch schwer, Bezeichnungen für die Genitalien zu finden, die einerseits nicht steril-medizinisch sind und anderseits nicht im Grenzbereich der Zote liegen.

Sucht man nach den Wurzeln der Freikörperkultur, so wird man im Deutschland der letzten Jahrhundertwende fündig:

An der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhunderts sind Bestrebungen festzustellen, die versuchen die Nacktheit wieder zu enttabuisieren.

Unter dem Sammelbegriff Lebensreformbewegung“ finden wir:

  1. Die Kleiderreform, die Naturheilbewegung, die Ernährungsreform und den Vegetarismus.
  2. Im künstlerischen Bereich die Lebensweise der Maler Diefenbach und Fidus,
  3. im Bereich der Leibesübungen die Nacktgymnastik und die Sportbewegung selbst.

Entgegen der Gesellschaftskritik der Zeit richteten sich diese Veränderungsbestrebungen gegen die Auswirkungen der Verstädterung und der Industrialisierung.

Ihre Intentionen sind: Gesundheitsförderung und Gesundheitserhaltung, sowie „Zurück zu den natürlichen Ursprüngen“.

Zu diesen Protestbewegungen zählt auch die „Freikörperkultur“, (anzusiedeln unter Punkt 3 in der Lebensreformbewegung).

Die Freikörperkultur verstand sich damals als eine Bewegung, die außer gesundheitlichen auch gesellschaftliche Ziele verfolgte. Die Übernahme einer ästhetisch-moralischen Argumentation beschreibt den eigentlichen Anfang der FKK-Bewegung. Hier wird die Nacktheit, über die sachlich orientierten Gesundheitsargumente hinaus, zum ersten Male mit ästhetischen und moralischen Werten belegt. Neben den Publikationen von Pudor und Ungewitter waren zwei Zeitschriften damals von Bedeutung:

  • „Kraft und Schönheit“, 1901 gegründet, propagierte die Konzentrationen der Körperkultur, der Leibesübungen, des Licht-Luftbades und der Nacktkultur. Sie fungierte als das Organ des „Deutschen Vereins für vernünftige Leibeszucht“, später in „Verein für Körperkultur“ umgewandelt. Berlin, Hamburg und Frankfurt waren die Hauptzentren.
  • „Schönheit“, 1903 von Karl Vanselow herausgegeben, war die Zeitschrift der „Vereinigung für Sexualreform“ und dem „Verein für ideale Kultur“. „Die Natur kennt keine Kleidung“ und „Der wahre Mensch ist der nackte Mensch“, das ist das lebensreformerische Programm der Nacktkultur.

Man wollte die Menschheit von der „Zivilisationsknebel“ der Bekleidung befreien.

Die Bekleidung war für die Freikörperkultur-Vertreter in erster Linie eine Erfindung des eitlen Menschen, der dem eigenen Bedürfnis nach ästhetischer Selbstvervollkommnung Rechnung trägt.

Nur zweitrangig erfüllt nach ihrer Meinung die Kleidung die Funktion des Schutzes vor klimatischen Bedingungen.

Die Gewohnheit, sich zu bekleiden, wird als Auslöser der Entstehung einer unnatürlichen Prüderie und falscher Moralgesetze gesehen.

Auch die Sportbewegung nimmt an Bedeutung zu.

Die notwendige Sportbekleidung wird enttabuisiert. Die Nacktgymnastik fordert die völlige Entblößung des Körpers.

Zwischen den beiden Weltkriegen kam es auch für die Freikörperkultur zu turbulenten Zeiten.

Vier Hauptströmungen bildeten sich:

Neben der bürgerlichen- und der proletarischen Freikörperkultur bildeten sich die Schönheitsbewegung und die völkische Nacktheit heraus.

  • Die bürgerliche Freikörperkultur bildete einen ersten Dachverband, die „Arbeitsgemeinschaft der Bünde deutscher Lichtkämpfer“ (AGL), aus dem 1924 der „Reichsverband für Freikörperkultur“ (RFK) wurde. Man war die Dachorganisation des unpolitischen Naturismus. Bekannteste Vertreter waren Therese Mühlhauser-Vogeler und Magnus Weidemann.
  • Die proletarische Freikörperkultur hatte ihren Begründer in Adolf Koch. Kochs Lebenswerk wurde noch nach dem zweiten Weltkrieg von der offiziellen Freikörperkulturbewegung mit Misstrauen betrachtet. Sie hatte vorrangig die körperliche, moralische und seelische Gesundung der Bevölkerung zum Ziel.
  • Die Schönheitsbewegung von Kurt Vanselow gliederte sich in Logen, von denen sich die wissenschaftliche Nacktloge A.N.N.A. (Aristokratische Nudo-Natio-Allianz) wohl die bekannteste war.
  • Die völkische Nacktkultur hat ihre Wurzeln im Werk von Heinrich Pudor. Wichtige Vertreter waren Richard Ungewitter und Hans Suren.
    Pudor war zu Beginn seiner Schaffensphase idealistisch orientiert und wandelte sich später dem volkserzieherischen Konzept zu, mit dem er die germanische Reinhaltung der Rasse propagierte. Deutlicher wird der Wandel von einer gesundheitsbetonten Einstellung zum Modell der „Menschenzüchtung“ bis hin zum Erwägen der Tötung „Lebensschwacher“ bei Ungewitter.

Mit der Machtergreifung 1933 durch die Nazis erfolgt das Verbot der Freikörperkultur-Bewegung.

Vereine werden aufgelöst, Gelände und Vermögen beschlagnahmt.

Um dem Verbot zu entgehen, schlossen sich einige Organisationen zu einem „Kampfring für völkische Freikörperkultur“ zusammen. Später wurde daraus der „Bund für Leibeszucht“.

Dieser Bund, als Mitglied des „Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen“, war eine NSOrganisation.

In ihr bemühte sich der aus der Wandervogel-Bewegung stammende Dessauer Karl Bückmann die Grundgedanken der Freikörperkultur zu sichern.

Aber diese Verbindung zum Nationalsozialismus machte einen Neubeginn nach dem Zusammenbruch der Nazizeit unmöglich.

1942 schuf die von Heinrich Himmler unterzeichnete „Polizeiordnung zur Regelung des Badewesens“ Möglichkeiten, sich nackt zu bewegen, ohne sich strafbar zu machen:

§3 – Einzelnen Personen oder Personengruppen dürfen öffentlich nackt baden, wenn sie unter den gegebenen Umständen annehmen können, dass sie von unbeteiligten Personen nicht gesehen werden können, insbesondere auf einem Gelände, dass hierzu freigegeben ist.

Diese Verordnung besteht auch noch heute in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Zeit nach 1945

Deutschland wurde in 4 Besatzungszonen eingeteilt.

In der amerikanischen, der englischen und der französischen Zone begründeten Unentwegte –und von nationalsozialistischem Gedankengut freie – Naturisten bereits 1946 wieder FKK-Vereine. Bewusst hatten die Frauen und Männer der ersten Stunde nach 1945 auf die Aufsplitterung der Freikörperkultur in die vor dem Krieg üblichen Gruppierungen verzichtet. Ein einheitlicher Verband sollte die Interessen aller Naturisten in der jungen Bundesrepublik vertreten.

Erhard Wächtler, Werner Schenker und Josef Christiani bereiteten am 29.9.1946 in Bielefeld die Gründung eines Dachverbandes vor. Doch erst durch den Aufruf Karlwilli Damms konnte am 6.11.1949 in Kassel der „Deutsche Bund für Freikörperkultur“ gegründet werden, der 1955 zum „Deutschen Verband für Freikörperkultur“ wurde. Als Pioniere der naturistischen Bewegung in Deutschland wurden bei der Gründungsversammlung gewürdigt: Therese Mülhause-Vogeler, Hans Surén, Magnus Weidemann, Richard Ungewitter, Adolf Koch und Robert Laurer.

Aus heutiger Sicht distanziert sich der DFK von Richard Ungewitter und Hans Surén, die in den Jahren nach 1933 durch rassistisch geprägte Texte und ihrem Verhalten der naturistischen Bewegung schadeten.

1950 schrieb der Verband die Förderung des Sports in seine Satzung.

1955 bis 1959 war Karlwilli Damm Bundesführer der „fkk-jugend, Bund der Lichtscharen“ und übernahm es, ein Archiv aufzubauen. Über diese „Internationale-FKK-Bibliothek“ (Besitz und Rechte) gab es später Ärger zwischen Verband und Damm.

1958 hat der damalige DFK-Vorsitzende Erhard Wächtler gesagt:
„Sport ist nur ein Teilbereich vom Wesen und Wollen der deutschen Freikörperkulturbewegung, er gehört aber untrennbar dazu und ist aus unserer Zielsetzung als Beitrag zur körperlichen Gesundung unseres Volkes nicht wegzudenken“. Neben den gesundheitlichen Aspekt treten das Motiv der Freude an sportlichem Geschehen und der erzieherische Wert des Sports für die Jugend.

1963 wurde der DFK Mitglied des Deutschen Sportbundes, des heutigen DOSB. Mit dieser Einbindung veränderten sich die Ziele der organisierten Freikörperkultur. Lebensreformerische Ansätze treten endgültig in den Hintergrund, Sport – als Familien- und Breitensport – wurde immer wichtiger.

Sportliche Betätigung hat aber innerhalb der Freikörperkultur schon immer eine Rolle gespielt. Die Naturisten betrieben – häufig auch zu Hause – Gymnastik, nach verschiedenen Systemen, wir erinnern uns an die Anfänge. Sport in den FKK-Vereinen war und ist von den örtlichen Gegebenheiten geprägt.

Das Prinzip der Familienmitgliedschaft und damit des Familiensports bestimmen die Sportarten. Es sind zum einen Sportarten, die aus der turnerischen Bewegung kommen, wie: Gymnastik, Faustball, Prellball, Völkerball und Ringtennis. Hinzu kommen: Schwimmen, Wandern, Badminton, Tischtennis und Indiaka, Volleyball, Petanque und Beach-Volleyball.

Sport im Naturismus wird in der Gemeinschaft beider Geschlechter und aller Altersstufen betrieben. Es werden Sportarten bevorzugt, die Jung und Alt, Frau und Mann gleichermaßen und zusammen betreiben können. Sportarten mit direktem Kampf „Mann gegen Mann“ finden keine Berücksichtigung. Der Leistungssport ist damit weitgehend ausgeschlossen.

Wie stark dieses Bewusstsein in den Vereinen verankert ist, sagen nun die Vereinsnamen aus. .„Familien-Sport-Bund“ oder „Familien- Sport-Gemeinschaft“.

Der Ende der 50er Jahre vom DSB beschlossenen „Zweite Weg des Sports“ war den FKK-Vereinen wie auf dem Leib geschneidert. Ehepaarturniere, Familien-Schwimmstaffeln, Sportspielfeste und einiges mehr sind Ausdruck dieser Breitensportbewegung bei den Naturisten in Deutschland.

Warum die Ausrichtung auf den Sport?

  • Sport nimmt Einfluss auf die Lebensführung, weil er schädliche Konsumgewohnheiten verbannt.
  • Sport ächtet Spielverderber,
  • Sport lehrt mit Niederlagen umzugehen,
  • Sport macht erlebbar, dass zwischen Leistung und Lohn eine Durststrecke liegen kann,
  • Sport fördert angemessene Selbsteinschätzung,
  • Sport führt an unsere Grenzen und macht uns belastbar.

Diese Argumente „passen“ zur Freikörperkultur und werden dort seit über hundert Jahren gelebt. Der Versuch, die „Freikörperkultur“ an sich als gemeinnützig anerkannt zu bekommen scheiterte endgültig in den 70er Jahren, weil „FKK nicht von allgemeinem Volksinteresse sei, sondern nur von einer sehr kleinen Minderheit ausgeübt werde“, so die juristische Begründung.

Dies veranlasste die FKK-Vereine ihre Satzungen zu ändern und die sportliche Ausrichtung als „Ziel und Zweck“ voranzustellen. Weitere Ziele der Freikörperkultur sind heute Bemühungen für eine gesunde Lebensweise, Umwelt- und Naturschutz.
Umwelt- und Naturschutz wurden von den Naturisten bereits – sogar satzungsmäßig verankert – seit der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts praktiziert. In einer Zeit, in der diese Begriffe noch nicht zum Wortschatz der Nation gehörten.

Wandel der FKK im Wandel der Zeiten

Erst in der Neuzeit wurde mit dem Aufkommen einer Baumwollindustrie das Tragen von Nackt– und Badebekleidung üblich. Die Kirchen unterstützten diese merkantilen Bestrebungen, bot doch die neue Bekleidung die Möglichkeit, die tabuierten Sexualorgane zu verhüllen. Dennoch gab es Modeströmungen, die weibliche Brust recht frei zu präsentieren, wie auch ländliches Brauchtum, weiterhin nackt zu baden. Im Biedermeier des beginnenden 19. Jahrhunderts gewann die kleinbürgerliche Strenge der viktorianischen Ära die Oberhand und die Nacktheit entschwand aus der Öffentlichkeit. Die erste industrielle Revolution führte zur Urbanisierung mit „Mietskasernen” und dem Milieu des Massenelends der Arbeiter und deren rachitischer, unterernährter und tuberkulöser Kinder.

Schon 1828 erkannte der Swinemünder Badearzt Richard Kind die Schädlichkeit der Badekleider, 1848 schrieb der Wyker Arzt Doktor Penike, dass für die günstige Wirkung des Badens die unmittelbare Berührung des Wassers mit dem Körper erforderlich sei. Da der prüden Gesellschaft Nacktheit als „grober Unfug” galt und frühe Verfechter wie Diefenbach und Fidus dafür 1888 zu Haftstrafen verurteilt wurden, entschlossen sich 1893 in Essen/Ruhr 50 gesundheitsbewusste Gesinnungsfreunde den ersten FKK–Verein der Welt zu gründen.

1903 entstand bei Lübeck das erste FKK-Gelände. Drei Jahre später gründete Richard Ungewitter (1868 – 1958) die FKK-Gruppierung für „hygienische, ethische und ästhetische Kultur”. Damit begann die Entwicklung, in Räumen wie auch im Freien nackt zu turnen und sogar nackt zu tanzen.

Nach dem ersten Weltkrieg waren es in Deutschland sowohl Frauen (Dora Menzler) als auch Männer (Adolf Koch, Charly Strässer) die den nackten Ausdruckstanz und die Nacktgymnastik förderten. In jener Zeit galt in diesen Kulturgruppen neben der Nacktheit ein reformerischer Lebensstil mit Abstinenz von Fleisch, Tabak, Alkohol, aber auch von Lippenstift und Körperschmuck. In dieser Zeit zwischen Biedermeier und den „goldenen Zwanzigern” hatten sich nicht nur der Lebensstil und die Kultur in Deutschland und Europa verändert, auch die FKK hatte sich von einer theosophischen Loge zu einer Organisation gewandelt, in der auch immer mehr „freie Kultur” gefordert wurde.

Um Freunde und Mitglieder zu gewinnen, ließen viele Vereine die strengen reformerischen Verpflichtungen fallen. Nun wurden Fleischgenuss und Körperschmuck zugelassen. Dieser umfasste damals meist nur Ohr- und Halsschmuck, Lippenstift und Nagellack.

Schon 1925 wurde mit „Wege zu Kraft und Schönheit” der erste FKK-Spielfilm im Berliner UFA-Palast am Zoo uraufgeführt.

Auch außerhalb Deutschlands hatten sich die ersten Nacktbadezentren gebildet. Besonders im Süden Frankreichs war es der Abbe Legree, der mit einer Gruppe Jugendlicher nackt badete. Hier liegt die Wurzel für die heute bekannten Zentren in Montalivet, Belezy, Cap d'Agde usw. 1929 kauften die Doktoren Durville einen Teil der Ile du Levante und gründeten dort die Naturistenstadt „Heliopolis”.

In Deutschland wuchs die FKK-Bewegung ständig und erreichte 1930 schon fast 25000 organisierte Mitglieder. Ein Jahr später erschien „Die erzieherische Bedeutung der Freikörperkultur”. Erstmalig war FKK Thema einer Promotionsarbeit.

Die zahlreichen inzwischen in Deutschland entstandenen FKK-Vereine waren überwiegend bürgerlich-vaterländisch orientiert und unterhielten Kontakte zu der „Bündischen Jugend”. Nur wenige Vereine, wie Kochs Sozialpädagogische Körperkulturschule im „roten” Lichtenberg Berlins waren sozialistisch geprägt.

Mit der Machtergreifung kam zunächst das Aus für die FKK. Für Göring war die Nacktkultur eine der größten Gefahren für die deutsche Kultur und Sittlichkeit. Doch nachdem sich einige Vereine dem „Reichsbund für Leibesübungen” anschlossen und ihre Satzungen der neuen Ideologie anpassten, wurde 1934 der „Völkische Kampfring für Leibesübungen“ zugelassen.

1936 verfügte Himmler, die FKK nicht mehr zu behindern, und im Oktober 1938 schrieb „Das Schwarze Korps”, die Zeitschrift der SS, „Der Leib selber hat sich wieder durchgesetzt und verlangt nach weitgehender Nacktheit überall dort, wo sie ihm ungezwungen möglich ist”. Dass sich auch die Körperkultur in diesen Jahren den nazistischen Vorstellungen unterzuordnen hatte, war selbstverständlich. Als „freier Körper” galt nur der nackte Leib.

Nach dem Krieg gab es zwei unterschiedliche Entwicklungen in Ost und West. In der SBZ und späteren DDR kam es zu keinen Neugründungen von Vereinen, doch an den weiten Stränden der Ostsee widmeten sich die Anhänger der FKK ungestört ihren Vergnügungen. 1950 wurde ein Teil der Insel Hiddensee amtlicherseits der Freikörperkultur zur Verfügung gestellt. Das unorganisierte Nacktbaden an den weiten Stränden führte dazu, dass es meist familiäre oder befreundete Grüppchen waren, die ein Strandareal nutzten. Bei der Weitläufigkeit der Strände lagen die einzelnen Grüppchen so weit von einander entfernt, dass sie keine Gemeinschaft bildeten. Das führte dazu, dass für die Ostdeutschen Nacktheit meist nur in der Familie akzeptiert wird. Völlig anders war die Situation im Westen, in den Besatzungszonen, der späteren Bundesrepublik und in Westberlin. Die generelle Ablehnung des Nudismus durch große Kreise der Bevölkerung, unterstützt von Politik (Volkswartbund) und Kirchen, zwang die Anhänger der FKK, sich zusammenzuschließen und die Vereine, geeignete Gelände zu erwerben, um dort, hinter dichtem Sichtschutz, die eigene Nacktheit genießen zu können. Das führte zu einer relativ dichten Belegung der Gelände, was eine Gemeinschaftsbildung förderte. Spiel und Sport waren gang und gäbe. Schon bald kam es zu sportlichen Wettkämpfen innerhalb der Vereine und auch zwischen den Vereinen.

Noch heute füllen derartige Sportberichte einen wesentlichen Teil der FKK-Zeitschrift des DFK.

Das Wirtschaftswachstum brachte Wohlstand, die zunehmende Motorisierung Bewegungsfreiheit und der ungehinderte Zugang zu den Medien neues Wissen. Aber auch die heimkehrenden Soldaten aus Skandinavien und Russland brachten ihre Erfahrungen mit Nudismus, Sauna und Banja in die Heimat und förderten hier das Entstehen vieler neuer Saunaanlagen. Sie brachten aber auch neue Mitglieder in die Vereine. So entwickelte sich eine neue Badekultur, die nicht nur die Nudisten betraf, sondern auch bei der übrigen Bevölkerung Anklang fand. Die Notwendigkeit, den Schwitzraum nackt zu betreten, veränderte auch bei vielen Nicht-Nudisten die Einstellung zur eigenen Nacktheit und zum Nacktsein im gleichgeschlechtlichen Kreis. Der FKK-Tourismus rief spezielle Reisebüros auf den Plan, und selbst im moslemischen Teil Jugoslawiens entstanden an der Küste FKK-Zentren.

Für die Sexualkultur wirkten die Aufklärungsbücher und -filme sowie die Antibabypille revolutionierend. Das Wissen um den Lebensstil exotischer Völker führte zur Nachahmung von deren Sitten und Gebräuchen. Ostasiatische Tätowierungen und pazifischer Körperschmuck verbreiteten sich auch außerhalb von „Seemannskreisen”. Heute überschwemmt uns eine „Piercing-und-Tattoo-Welle, wobei der persönliche Geschmack zu sehr unterschiedlichen Arten und Formen führt. Doch FKKler sollten hier tolerant sein und die Freiheit der Kultur jedes Einzelnen achten.

Die Entwicklung der FKK war immer auch eine kulturelle Entwicklung. Wir sollten uns bewusst sein, dass FKK nicht nur frei(e) = nackte Körper beinhaltet sondern auch Freiheit in kulturellen Dingen. Hier ist es die hygienische, ethische und ästhetische Kultur, um Ungewitters Worte zu wiederholen, die auf den FKK-Geländen frei ausübbar sein sollten.

 

Literatur: Karl Dreßen, Geschichte des Naturismus, 1995, Internationale Naturisten-Föderation INF/FNI, B 2600 Berchem/Antwerpen.

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, ...es begann in Berlin..., 1991, BfAuS, Bonn Ronald Pearsall, Sex im Viktorianischen Zeitalter, ohne Jahrgang, Diana Verlag, Zürich

 

Horst Egon Fritz

Nicht vergessen werden soll die Geschichte der Freikörperkultur in der ehemaligen DDR von 1945 bis 1989.

In der 4. (der russischen) Besatzungszone, waren nach 1945 FKK-Vereine weiterhin verboten.

Erfindungsreiche FKK-Anhänger versuchten ihre noch bestehenden Gelände unter dem „Dach“ von Betriebssport-Gemeinschaften als allgemeine Sportsektionen zu erhalten und das FKK-Vereinsleben weiter zu sichern. Denn es hatten verschiedene Vereine die Nazizeit z.B. in Dessau, (Herzsprung),in Birkenheide und auf der Märchenwiese südlich von Berlin am Motzener See und die TSG Oberschöneweide am Zeesener See überlebt.

Am Parsteiner See bei Herzsprung wurde 1971 ein neuer Verein gegründet.

In Moritzburg gründete man eine Kooperation mit der Gemeinde Volkersdorf, die eine gewisse Sicherheit und Eigenständigkeit bot.

Ende der fünfziger Jahre wurde mit den Mitgliedern der Moritzburger ein volkseigener Bäderbetrieb gebildet, der dann bis 1990 Bestand hatte.

Mit den Jahren aber förderten vor allem Künstler und Schriftsteller die Freikörperkultur. Es wurden FKK-Strände vor allem an der Ostsee genutzt.

Ab 1956 war das nackte Baden gestattet, wenn dies die örtlichen Räte ausdrücklich genehmigten. Eine schwarze Nixe auf gelben Grund mit Aufschrift „FKK“ waren Zeichen eines Badeabschnitts für Nacktbadende.

1990 gab es neben den erhaltenen Geländen eine Vielzahl von Stränden zwischen dem Vogtland und der Ostsee. Bekannte Künstler und Sportler und andere Personen des öffentlichen Lebens bekannten sich zum nackten Aufenthalt an diesen Orten, die von mehr als 50 % der Bevölkerung genutzt wurden.

Mit der Wiedervereinigung begannen aber auch ärgerliche Auseinandersetzungen unter der Überschrift „Wessies vertreiben nackte Ossies“.

Die praktizierte Regelung: „Wo Nacktbaden nicht verboten ist, kann man nackt baden“ wurde nach westlichem Verständnis umgekehrt: „Wenn Nacktbaden nicht ausdrücklich erlaubt ist, dann ist es verboten“. Damit „bestimmten“ textile Mehrheiten als Urlaubskunden oft was erlaubt und was verboten war.

Diese Art der Bestimmung durch Regulierung westlicher textiler Personen wurde aber immer wieder selbst von Länderministern im Osten der Republik in Erklärungen aufgehoben und unterlaufen.

Allerdings darf bei den Unterschieden von FKK im Osten oder FKK im Westen vor der Wende nicht vergessen werden, dass nach der Wende nun auch im Osten das bundesdeutsche Recht gilt, was die freie, nicht geregelte FKK, wie sie an den Stränden in der DDR möglich war, verhindert.

Stand der Situation aktuell:
Im Osten sind FKK-Vereins-Neugründungen momentan selten bis nicht gegeben. Stattdessen hat sich neben den vorhandenen FKK-Vereinen mit ihren Geländen ein kommerzielles FKK-Freizeit-und Urlaubs-Geländeangebot entwickelt.

Oktober 2014