Sie sind hier:

„Nach Schnittmengen schauen“ - Christoph Müller im Gespräch mit Matthias Giffhorn


Sein Gesicht ist in der deutschen Freikörperkultur nicht unbekannt. Matthias Giffhorn ist Vorsitzender des Familiensportbundes Salzgitter. Seit dem vergangenen Herbst bringt er sich mit seiner Expertise und seiner Erfahrung in das Zukunftsteam ein. Vor kurzem hat er sich Gedanken gemacht, wie aus seiner Sicht Zukunft gedacht werden kann. Einen Ausschnitt dessen hat er mit Christoph Müller thematisiert.

 

Christoph Müller Lieber Matthias, Du bist Mitglied im Zukunftsteams des Deutschen Verbands für Freikörperkultur (DFK). Dort diskutieren engagierte Naturistinnen und Naturisten. Kann aus Deiner Sicht das Zukunftsteam jetzt die Leitplanken aufstellen, wo die Zukunft des DFK hingeht?

Matthias Giffhorn (lacht) Nein, lieber Christoph, das können wir natürlich nicht. Und wir wollen und sollten es auch nicht. In dieser Runde treffen sich ganz unterschiedliche Frauen und Männer, die die Freikörperkultur weiterentwickeln und vor allem die Zukunft des DFK absichern wollen. Sie wollen den Verband als Ganzen, den Verbandsrat und vor allem das DFK-Präsidium unterstützen. Unterstützung bedeutet in erster Linie, einen Beratungsauftrag wahrzunehmen.

Beim ersten gemeinsamen Treffen des Zukunftsteams wurde ein World Café gemacht. Mit dieser Workshop-Methode gibt es die Möglichkeit, verschiedene Sichtweise auf ein Thema kennenzulernen. Aus einer Priorisierung heraus können dann gemeinsame Ziele konkretisiert und hoffentlich auch angepackt worden. Bei einem Wochenende mit Vertreterinnen und Vertretern aus Vereinen quer durch die Bundesrepublik wurde dies wiederholt. Oh Wunder, es gab achtzig Prozent Übereinstimmung. Aus diesen Priorisierungen heraus ergeben sich nun Ansätze und Ideen, um Zukunftsaufgaben zu entwickeln.

 

Christoph Müller Wo sind denn in diesem ganzen Prozess die Vereine und Landesverbände, der Verbandsrat und der Verbandstag? Sie machen doch den DFK aus.

Matthias Giffhorn Wenn wir dies nun entsprechend einer Organisationslehre beschreiben wollen, dann sind das Zukunftsteam und das Präsidium gefragt, dem Verbandsrat und dem Verbandstag gegenüber Rechenschaft abzulegen. Dies klingt natürlich sehr formal. Doch müssen die Gremien einmal schauen, ob sie bei den Ideen oder vielleicht auch Visionen mitgehen können.

Es braucht allerdings eine Voraussetzung, damit Arbeitsergebnisse und Zukunftsideen nicht einfach über Bord geworfen oder allzu früh adaptiert werden. Die Mitglieder sollten sich vergleichbare Gedanken machen. Sie müssen sich vergleichbar Gedanken zum Selbstverständnis machen. Ziele für die Zukunft brauchen auch die Sportwarte sowie die Kinder und Jugendlichen.

Ich halte es für unverzichtbar, den Mitgliedsvereinen vor Ort und den Landesverbänden gegenüber nicht nur transparent zu machen, was das Zukunftsteam erarbeitet. Mitglieder des Zukunftsteams sollten zu regionalen Konferenzen (im Jahre 2023) reisen, um gemeinsam mit Mitgliedsvereinen und Landesverbänden daran zu arbeiten, welche Vorstellungen von einem naturistischen Sportverband wir haben.

 

Christoph Müller Verstehe ich dies recht, dass ich eine ständige Rückkopplung zwischen den verbandlichen Strukturen geben muss?

Matthias Giffhorn Mit dem Zukunftsteam wagt sich der DFK an ein Veränderungsmanagement heran. Diese Begrifflichkeit kenne ich aus meiner beruflichen Tätigkeit bei einem Energieversorger. Nur im Wechselspiel der Kräfte und im Mitnehmen der Strukturen können Veränderungen gelingen. Es darf nicht darum, wer recht hat. Es geht darum, Räume für den Naturismus zu gestalten.

Ein Verband wie der DFK lebt von den Menschen, die sich in ihm bewegen. Dies bedeutet, die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Menschen mitzudenken. Es kann ein ungeheurer Reichtum sein, von der Pluralität zu lernen und zu leben. Es gibt aber auch die Gefahr, dass Vereine Ideen übernehmen und plötzlich feststellen, dass diese nicht funktionieren. So kann es schnell ins Negative ausschlagen. Eine ständige Rückkopplung ist wichtig. Wir sollten mutig sein und den Schritt zu einer selbst lernenden Gesamtorganisation wagen.

Wenn wir beide unseren Begriff von Naturismus austauschen, dann werden wir schnell feststellen, dass wir ganz Unterschiedliches meinen. Trotzdem wird es Schnittmengen geben, die ja auch dafür sorgen, dass wir einander schätzen und uns gerne sehen. Und dies müsste uns im DFK eigentlich auch gelingen. Zumindest habe ich die Hoffnung …

 

Christoph Müller Lieber Matthias, für den Moment sage ich Dir herzlichen Dank. Ich hoffe, dass wir zeitnah den Gesprächsfaden wieder aufnehmen. Es gibt noch einiges zu besprechen.

 

(Stand: 26. November 2022)