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„Naturismus ist Lebensfreude“ - Friedhelm Röttgerding † 08.05.22


Am Abend des 8. Mai 2022 hat die Bewegung der Naturisten einen großartigen Freund und Unterstützer verloren. Friedhelm Röttgerding ist im Alter von 84 Jahren von uns gegangen. Er stammte aus Köln und war seit 1968 Mitglied im Lichtkreis Köln bzw. im DFK. Rund 42 Jahre war er Förster von Beruf und besaß daher eine besondere Verbundenheit zur Natur, sogar eine Marderfamilie hat er unter seinem Dach wohnen lassen. In der Stadt hielt er es nicht wirklich aus, fühlte sich durch die zunehmende Bebauung in Nordrhein-Westfalen eingeengt und so war es ihm eine Herzensangelegenheit nach dem Eintritt in den Ruhestand noch einmal neu anzufangen.

Im Jahr 1999 erwarb er ein alleinstehendes Gehöft aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert mit 12ha Land in Neu-Fresenbrügge bei Grabow in Mecklenburg-Vorpommern. Er lebte dort gemeinsam mit seiner Frau Margret, die er bereits aus seiner Jugend kannte, eine vollkommen naturistische Lebensweise. Nur zum Einkaufen, zum Kirchenchor und zum Besuch beim Arzt zogen sie sich etwas an. Außerdem natürlich dann, wenn es zu kalt war. Sie schufen mit dem „Naturisten-Gehöft“ eine wohl einzigartige Einrichtung. In ganz Deutschland hatte Friedhelm nach einem für Naturisten geeigneten Anwesen gesucht. „Wenn es die Witterung erlaubt, laufen wir hier nackt herum. Fahren auch so mit dem Rad durch die Lande. Gehen spazieren oder in der Elde schwimmen. Was niemanden stört.“ So wird Friedhelm in einem Artikel der Schweriner Volkszeitung zitiert.

2008 öffnete er sein nacktes Refugium für Gäste. Er meldete das Naturisten-Gehöft beim Gewerbeamt als Wohnmobil-Stellplatz an und vermerkte eine naturistische Widmung im Grundbuch. Das Naturisten-Gehöft entwickelte sich zum Geheimtipp für Naturisten. Bei Friedhelm und Margret wurde man herzlich empfangen und konnte ein paar Tage mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil bleiben. Regelmäßig kamen Gruppen und Vereine – beispielsweise zum Sommerfest – vorbei. Friedhelm war immer sehr interessiert an Gesprächen und begeistert vom Austausch untereinander. Aus Gästen wurden oft Freunde. Bis zuletzt kamen rund 100 Gäste pro Jahr. Sie konnten in der Umgebung des Naturisten-Gehöftes wirkliche grenzenlose Freiheit beim Nacktwandern, Nacktradeln und Nacktbaden in der Umgebung genießen. Friedhelm hat es geschafft, das Nacktsein in Wald und Flur in der Gegend als etwas völlig Normales zu etablieren. „Nacktheit gehört für mich zu meinem Leben. Es ist ja die natürlichste Sache der Welt“, sagte er.

Friedhelm, dessen Vater 1923 bereits den Helios-Naturistenverein bei Köln gegründet hat, zählte zu den großen Visionären der Freikörperkultur. Wir werden sein Wirken in ehrender Erinnerung halten und hoffen, dass das Naturisten-Gehöft als solches weitergeführt werden kann.

 

Portrait Foto: © Thorsten Meyer, Schweriner Volkszeitung 23.09.20

Luftbild: © Sönke Reise