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Rezension zum Buch: Ulrich Thomas Wolfstädter - Krieg der Gendersterne,


Egal ob beim geschriebenen Wort in Zeitungen und Büchern, egal ob im Radio oder im Fernsehen, es wird munter gegendert, um über die Sprache eine Gerechtigkeit der Geschlechter darzustellen. Wer mit Sprache arbeiten muss (beispielsweise als Lehrer oder als Journalist), der hat immer mal wieder den Eindruck, dass das Gendern seine Blüten treibt. Der Philosoph Ulrich Thomas Wolfstädter stellt sich mit dem Buch „Krieg der Gendersterne“ nicht nur dem Gendern. Er bezieht klar Stellung zu den Entwicklungen infolge der feministischen Sprachkritik und macht solide Vorschläge, wie Sprache gestaltet werden sollte.

Wolfstädter besticht dadurch, dass er fundiert argumentiert. Durch und durch präsentiert er sich als Philosoph. Die Formulierung „Krieg der Gendersterne“ lässt unterstellen, dass das mit einem lila Cover gestaltete Buch eine Polemik ist. Weit gefehlt, der Kraft seiner Argumente müssen die Leserinnen und Leser entsprechen. Wolfstädter kritisiert, dass die Diskussion um die Genderlinguistik mehr als nur den Schein einer gesellschaftlichen Spaltung angenommen habe. Wörtlich schreibt er: „Wir erleben in der sachlichen Auseinandersetzung keinerlei befruchtenden Diskurs mehr, die jeweiligen Positionen mit ihren Argumenten sind gänzlich unbeweglich, die Erstarrung scheint sich immer weiter auszubreiten“ (S. 11).

So ist Wolfstädters Buch als Anstoß zu verstehen, wieder Bewegung in die Diskussion zu bekommen. Ob dies gelingt, steht in Frage, wenn Wolfstädter von vorneherein nicht ergebnisoffen den Ball ins Rollen bringt. Wolfstädter wird bei aller Nachdenklichkeit klar, wenn er der Sexuallinguistik causa sui einen Wahn selbst gebauter Lust-und Luftschlösser unterstellt. Dem Genus-Sexus-Prinzip will Wolfstädter den Boden entziehen. Er kritisiert, die generische Psychosexuallinguistik nehme die verräterische Form einer ideologischen Abwehrhandlung an.

Die Ein-und Ansichten müssen die Leserinnen und Leser nicht teilen. Seine Ein-und Ansichten haben es verdient, in so manchem Diskurs ernsthaft abgewogen zu werden. Das Buch ist keine Schrift, die einem schwer nachvollziehbaren Konservativismus das Wort redet. Es wird offensichtlich, dass Wolfstädter ein Kind seiner Zeit ist, in der auch dem Patriarchat gegenüber Widerstand geleistet wird. So analysiert er unter anderem auch: „Denn der patriarchale Sexismus verschanzt sich hinter einer kaum zu übertreffenden latenten Subtilität“ (S. 65). So würde die feministische Sprachkritik heraufbeschworen.

Wolfstädters Buch zeigt ein Mühen um Balance. So bringt er eine Scham gegenüber dem „generell fehlerhaften Gebrauch des generischen Maskulinums“ (S. 88) zum Ausdruck. Seine Scham bestehe darin, „dass ich in unserer Kultur als immer schon gemeint im maskulin behafteten, eine Person bezeichnenden Begriff gegenübergestellt wird“ (S. 88).

Während der Lektüre des Buchs wird deutlich, wie diffizil eine gesellschaftliche Auseinandersetzung sein kann, die sich dem Gendern in der Sprache stellt. Sollte diese Diskussion wirklich stattfinden, so müssen die Ein-und Ansichten Wolfstädters unbedingt beachtet werden.

Ulrich Thomas Wolfstädter: Krieg der Gendersterne, Verlag Frank & Timme, Berlin 2022, ISBN 978-3-7329-0870-7, 165 Seiten, 18 Euro.

Von Christoph Müller