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Seminar des DFK - Landesverbandes-Mitte: Thema Kinderschutz in den Naturistenvereinen


Am letzten Januar-Wochenende fand beim ORPLID Darmstadt ein Seminar zur Prävention sexualisierter Gewalt (PSG) statt. Beteiligt waren Vereinsvorsitzende, Jugendwarte und PSG-Beauftragte der Vereine aus Bad-Ems, Darmstadt, Frankfurt, Gießen und Trebur sowie weitere Teilnehmer aus den Landesverbänden Bayern, Mitte und Nord.

Nach einer Vorstellungsrunde führte die Videoaufzeichnung einer Reportage über Missbrauchsfälle in einem Turnverein in das Thema ein. Hierbei wurde durch die Aussagen von Betroffenen deutlich, wie sich eine erwachsene Bezugsperson, z.B. ein Trainer das Vertrauen, die Zuneigung und die Diskretion von jungen Menschen erschleicht, um diese dann sexuell zu missbrauchen. Danach ergab sich eine sehr tiefgründige Aussprache zum Film mit der Einsicht, dass jeder Verein, der mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, sich präventiv mit dieser Problematik beschäftigen muss.

Es folgte die erste Erarbeitungsphase in Form eines Workshops zur Erstellung eines Interventionsleitfadens unter der Leitung von Anna Stender, Referentin der Sportjugend Hessen. Nach einigen Informationen zu rechtlichen Grundlagen und der Besprechung von konkreten Vorfällen wurden als Beispiele Leitfäden anderer Verbände herangezogen.

  • Ruhe bewahren, Vorgang nur an Ansprechpartner weitergeben
    (weitere Schritte absprechen, 4/6 Augenprinzip)
  • Dokumentation: Eindrücke, Aussagen, Abläufe mit Datum und Uhrzeit,
  • Zuhören, Glauben schenken, Erziehungsberechtigte einbeziehen
  • Wille des mutmaßlichen Opfers dokumentieren
  • Info an die zuständige Person im Vorstand und Einbeziehung professioneller Hilfe
  • Evtl. Einbeziehung der Strafverfolgungsbehörde

In einer intensiven Gruppenarbeitsphase ergaben sich dann auch eigene Vorstellungen der Seminarteilnehmer hierzu. Ein Beispiel:

Am Morgen des zweiten Tages moderierte Anna Stender den nächsten Workshop. Ziel war die Erarbeitung eines Verhaltenskodexes für Naturistenvereine. Nach einer Gruppenarbeit zur Risikoanalyse und der Vorstellung von bereits vorhandenen Verhaltenskodizes erfolgte die gemeinsame Erarbeitung von verbindlichen Regeln, die einen Missbrauch von Schutzbefohlenen verhindern sollen:

1. Transparenz

- generell 6-Augenprinzip und offene Tür

- Handeln muss nachvollziehbar u. ggf. mit verantwortlicher Person abgesprochen sein

- keine Geschenke an Einzelne bzw. nur öffentlich

2. Körperkontakt

- muss von allen Beteiligten gewollt sein (z.B. notwendige Hilfestellungen, Trösten)

- Jedes*r (Kind / Jugendliche) muss jederzeit in der Lage sein, Nein zu sagen

3. Duschen, Umkleiden, Übernachten, Sauna

- Duschen und Umziehen nicht allein mit Schutzbefohlenen

- Übernachtung nicht allein mit fremden Kindern

- Saunabesuche nicht allein mit ihnen

4. Private Beziehungen

- keine exklusiven privaten Beziehungen

5. Verbreiten von Fotos und Videos

- Ich mache und verbreite keine Fotos und Videos von Schutzbefohlenen
ohne deren Erlaubnis bzw. der Erlaubnis der Sorgeberechtigten
und achte stets das Recht am eigenen Bild.

- Beim Umgang mit personenbezogenen Daten halte ich die Datenschutzbestimmungen ein.

6. Kommunikation

- Ich kommuniziere wertschätzend.

- Ich übernehme die Verantwortung für mein Handeln und bin bereit,
mich für mögliche Grenzüberschreitungen zu entschuldigen.

- Ich schreite bei wahrgenommenen Grenzverletzungen,
Diskriminierungen oder Gewalt anderer aktiv ein.

7. Gesundheit

- Ich achte auf meine eigene Gesundheit sowie die der Kinder und Jugendlichen.

- Dafür nehme ich eine aktive Vorbildfunktion ein und stelle die Gesundheit immer über meine oder andere Leistungsansprüche. Zum Beispiel pausiere ich den Sport sowie den Saunabesuch während einer Erkältung.

Die Seminarteilnehmer erhielten von der Sportjugend Hessen neben einer Teilnahmebescheinigung eine Vielzahl von Dokumenten zu beiden Themen für die Weiterarbeit und Nutzung in den Vereinen sowie Verbänden. Ihr und insbesondere der Referentin gilt ein herzliches Dankeschön für die fachliche und finanzielle Unterstützung für das Seminar.

Die Teilnehmer äußerten sich sehr zufrieden mit den Inhalten und dem Ablauf der Fortbildungsveranstaltung sowie den verteilten Unterlagen. Die Rückmeldung eines Teilnehmers:

„Das Seminar war interessant, lehrreich und gut organisiert!!!
Von meiner Seite aus würde ich mir wünschen, dass das keine "Eintagsfliege" bleibt, sondern
a) regelmäßig aufgefrischt wird (Sichtweisen ändern sich) und
b) neue Bestimmungen/Anforderungen/Verfahrensweisen schnell an die Mitglieder bzw. die PSG-Beauftragten weitergegeben werden.“

Der LV-Mitte wird gemäß einer Anregung aus dem letzten LV-Verbandstag weitere PSG-Seminare und Fortbildungen anbieten sowie die Zusammenarbeit unter den PSG-Beauftragten der Vereine fördern.

 

Matthias Lippert

Vorsitz LV-Mitte